DTHG vor 100 Jahren: 1922 (2)
21. Februar 2022In Gedanken an die Menschen in der Ukraine
25. Februar 2022Echte Digitalisierung
Über Faxgeräte und Katzenvideos
Wem ererbte Reichtümer eine vollkommene Leichtigkeit des Daseins verschafft haben, wer sich, wenn ich mich so ausdrücken darf, von allem Beiwesen der Menschheit von Jugend auf reichlich umgeben findet, gewöhnt sich meist, diese Güter als das erste und größte zu betrachten, und der Wert einer von der Natur schön ausgestatteten Menschheit wird ihm nicht so deutlich. (J. W. Goethe)
So Goethe über Faxgeräte und Katzenvideos. Die Faxgeräte der Amtsstuben der Republik laufen heiß, wenn es ums Thema Digitalisierung geht. Das ist ein wichtiges Thema und die DTHG Geschäftsstelle arbeitet nicht nur seit Jahren papierlos und überregional vernetzt – Homeoffice bieten wir seit 2016 an -, sondern lässt die wenigen Drucker und Faxgeräte auch nur in den Büros stehen, weil die Behördenlandschaft die Anträge zu den Digitalisierungsvorhaben nur in Papierform oder als Fax akzeptiert. Nicht überall, aber mehrheitlich.
“Ist die Sau schon durchs Dorf?” , frage ich mich da. Haben wir in puncto Digitalisierung schon alles abgearbeitet oder kommen die Gesundheitsämter tatsächlich nur nicht mehr hinterher, weil die Thermorollen der Faxe noch im Container in der Südsee schwimmen? Ein Katzenvideo ist weder schön, noch spricht es für Digitalisierung! (Bei Welpenvideos ist das anders!) Die traurige Wahrheit ist: Digitalisierung sind nicht soziale Medien. Eine Imbissbude ist auch kein Sternerestaurant.
Echte Digitalisierung ist die intelligente Vernetzung bester Informationen zur Schonung und zum effizienten Einsatz klimaschonender Technologien und möglicher Motor einer zukünftigen Wirtschaftsleistung zum Wohle der Gemeinschaft. Das liegt doch in unserer Hand. Warum sprechen wir nicht darüber?
Apropo sprechen! Geredet wird viel. Kaum ein Treffen, auf dem nicht im entschiedensten und nachhaltigsten Konjunktiv geschwurbelt wird, was die Kilobits hergeben. Aktuell löst die Nachhaltigkeit die Digitalisierung im Ranking auf Platz eins ab. Wenn da genauso zielgerichtet geschwurbelt wird, werden noch viele Faxe und Druckartikel in den Gästetoiletten der Menschen herumliegen und durchgeblättert werden mit den Hinweis: Da müssten wir aber jetzt mal ganz dringend was machen! Am besten aber die anderen… Ich bin für eine neue Digitalisierungslotterie 7 aus 14. Die Gewinner bekommen Faxgeräte mit Digitalanzeige. Der Anfang ist gemacht!
Wesko Rohde
Digitalisierung um jeden Preis?
Die Corona-App, die offiziell im Juni 2020 endlich an den Start ging, hat den Stuerzahler bisher rund 130 Millionen Euro gekostet. 116 Millionen davon bekamen die Telekom (ein ehem. Staatsunternehmen) und SAP für die Entwicklung. Die Werbung, die das Bundespresseamt dafür gemacht hat, war vergleichsweise preiswert: 13,7 Millionen Euro. Da die Bundesländer dieser Investition nicht vetrauten, zahlten sie extra ca. 21 Millionen Euro für die Luca-App. Da sage mal noch einer, der Staat lässt sich die Digitalisierung nichts kosten? 151 Millionen für zwei Apps, die am Ende nicht wirklich etwas gebracht haben?
Doch der Bund hat damit bereits Erfahrungen gesammelt: Bereits im Jahr 2004 gab man knapp 100 Millionen Euro für eine Internetseite des Arbeitsamtes, großspurig “virtueller Arbeitsmarkt” genannt aus. Verdient haben das Geld die Unternehmensberatung Accenture, die Softwarefirmen Syntegral, WCC Group B.V. und Hewlett-Packard. Fertig wurde die Seite nie, das Projekt wurde eingestellt.
Das Manager-Magazin schrieb 2004 dazu: “Vielleicht hätte einfach der Name der Jobbörse geändert werden können. Ex-Agenturchef Florian Gerster, der über fragwürdige Beraterhonorare stolperte, genügte das jedoch nicht. Ein teures Unterfangen: Allein die Umgestaltung der Homepage zu einer ‚moderneren Online-Jobplattform‘ schlug mit 15 Millionen Euro zu Buche. Der Internetauftritt der Arbeitsagentur sollte den privaten Jobbörsen wie Stepstone und Jobpilot ebenbürtig sein.”
Die Liste der Peinlichkeiten ließe sich beliebig fortsetzen. Laut des Branchendienstes TeleTalk v.7.1.2021 scheitern in Deutschland rund 80% der Projekte zur digitalen Transformation. Man kann froh sein, wenn man noch ein funktionierendes Faxgerät hat oder eben seine Software selbst entwickelt.
Bei der DTHG wurden in den letzten Jahren 100% aller Digitalisierungsprojekte umgesetzt und das mit sehr geringen Kosten, aber hohem Nutzen. Das ist wie “Guten Morgen” sagen in der Straßenbahn. Das setzt sich nicht durch!
Hubert Eckart