Abschluss-Publikation des Forschungsprojektes „Im/material Theatre Spaces“
13. Juni 2022Theatre Green Book
22. Juni 2022Die Deutsche Theatertechnische Gesellschaft verleiht im Juni 2022 erneut ihren WELTENBAUER AWARD. Unter dem Slogan „KREATIVITÄT x MUT x INNOVATION“ wird in drei Kategorien die jeweils beste Konzeptidee aus den NEUSTART KULTUR-Förderanträgen prämiert, die die DTHG durch die Betreuung der beiden Teilprogramme „Pandemiebedingte Investitionen“ sowie „Erhalt und Stärkung der Infrastruktur für Kultur in Deutschland – Live-Kulturveranstaltungen – Wort, Varieté und Kleinkunst“ erhalten hat. Ausführliche Informationen dazu finden Sie hier im Podium und auf unserer BTT-Webseite.
DIE NOMINIERTEN
Die Kategorie Bestes Outdoor-Konzept umfasst Produktionen, die aus den Spielstätten hinaus gehen und das Livetheater im Freien stärken. Die Finalist:innen in dieser Kategorie sind Felice & Cortes, das Theater aus dem Wäschekorb, das Theater Carnivore und das Theaternatur Festival auf der Waldbühne Benneckenstein. In der Preiskategorie Beste technische Idee werden ausgefeilte Lösungen ausgezeichnet, mit denen Veranstaltungen generell, aber auch vor dem Hintergrund der Pandemie, sicher durchgeführt werden können. In dieser Kategorie sind folgende Antragstellende in der engeren Auswahl: Das letzte Kleinod, die Drehbühne Berlin, das Ensemble Piano & Voice und das Theater Titanick. Die Kategorie Bestes digitales Konzept richtet sich an Antragstellende, die Live-Veranstaltungen durch digitale Mittel, wie Streaming oder Video-Aufbereitung, für ihr Publikum zugänglich machen. Die Nominierten für das beste digitale Konzept sind das Erzähltheater Osnabrück, das ImproTheater Steife Brise, die RheinBühne Kulturwohnzimmer sowie der spielmitte e.V.. Alle Nominierten und ihre geförderten Projekte werden im Sonderband 2022 der Bühnentechnischen Rundschau (Erscheinungstermin: 3. Juni 2022) ausführlich vorgestellt. Mit allen Nominierten haben wir ein Interview geführt, die Antworten haben uns zum Teil sehr berührt.
DTHG: Was bedeutet Ihnen die Nominierung für den Weltenbauer Award?
Das Letzte Kleinod: Wir stehen gerade vor enormen Herausforderungen: die Corona-Pandemie, der Konflikt in der Ukraine (der unseren Kulturaustausch mit den ehemaligen GUS-Ländern komplett zum Erliegen gebracht hat) und der Klimawandel. Der Preis ist eine Ermutigung, diesen Problemen mit Technik und Ideen zumindest in kleinen Teilen entgegentreten zu können.
Drehbühne Berlin: Wir waren überrascht und erfreut über die Nominierung! Es zeigt uns, dass sich unsere Arbeit gelohnt hat und wir andere mit unseren kreativen Ideen überzeuen können.
Erzähltheater Osnabrück: Absolute Überraschung. Ich musste die Mail zweimal lesen, bevor ich mir sicher war, dass der Inhalt echt ist. Ich und mein Erzähltheater-Team fühlen sich wertgeschätzt. Wir haben mit viel Arbeit in den letzten zwei Pandemie-Jahren das Erzähltheater Osnabrück durch den Lockdown und die Veranstaltungsbeschränkungen hindurch manövriert. Das war nicht immer leicht. Die Nominierung zeigt, dass unsere Arbeit wahrgenommen wird, wertgeschätzt wird und erfolgreich war. Und nur so mal am Rande – das Erzähltheater Osnabrück ist ein sehr, sehr kleines Theater. Dass gerade wir ausgewählt wurden, ist unglaublich!
Felice & Cortes: Dadurch dass wir komplett von dieser Nominierung überrascht wurden, haben wir so richtig gespürt, was solch plötzliche Anerkennung in Form einer Award Nominierung mit uns macht… Kribbeln im Bauch, Vorfreude, das Gefühl mit unserer Kunst, Musik und all der Energie, die wir in unsere Shows stecken, wahrhaft gesehen zu werden…. Es ist nicht immer leicht für uns, da wir nicht so richtig in die Schubladen der Veranstaltungsbranche passen. Doch die Publikumsreaktionen sind unser größter Lohn. Dass sie uns vor allem für unsere authentische Art und die gefühlvollen Songs & Acts loben, freut uns jedes Mal. Die Verbundenheit zum Publikum und zu den Menschen, mit denen wir zusammenarbeiten ist besonders wertvoll und hat oberste Priorität und dass auch dieser Aspekt Teil der Nominierung ist, bedeutet uns wirklich viel!
Improtheater Steife Brise: Das Theater Steife Brise wird in diesem Jahr 30 Jahre alt. 28 Jahre haben wir es als Theater geschafft ohne Förderungen auszukommen. Das war nicht immer einfach, doch wir waren auch stolz auf unsere Selbstständig- und Unabhängigkeit. In 2020 veränderte sich die Welt bzw. wurde unsere Arbeitswelt schlagartig durch notwendige staatliche Massnahmen verändert. Ohne staatliche Unterstützung und Förderungen hätten wir nicht überlebt. Dadurch haben wir auch Institutionen wie die DTHG kennengelernt. Die Stiftungen und Gesellschaften wiederum sind für uns ein ganz neues Parkett, ein ganz neue Möglichkeit des Netzwerkens, ja eine ganz neue Welt. Das wir dann mit unserem Konzept zu unserem Förderantrag auch noch für den Weltenbauer Award nominiert sind, hat uns sehr überrascht. Im positiven Sinne. Es bedeutet uns viel, dass wir uns am 30. Juni 2022 präsentieren können. Und wer weiß, was daraus entsteht.
Kulturwohnzimmer RheinBühne: Die Nominierung macht uns stolz und berührt uns… wir haben überhaupt nicht damit gerechnet, dass unser „Kulturwohnzimmer“ so eine Beachtung findet.
Piano & Voice: Wir freuen uns sehr, dass wir mit unserer „kleinen“ Bühne so viele Menschen begeistern können. Das zeigt uns, dass wir mit dem Lala Mobil noch viel erreichen können und ermutigt uns damit weiter zu machen. Die Nominierung ist für uns eine hohe Auszeichnung die uns sehr stolz macht und eine besondere Wertschätzung unserer Idee.
spielmitte e.V.: Wir freuen uns über die Nominierung durch unsere Projektbetreuerin. Das ist für uns etwas ganz Neues, wir haben damit nicht gerechnet und freuen uns über die Bestätigung unserer Arbeit mit Kindern und Jugendlichen während der Pandemie.
Theater aus dem Wäschekorb: Es bedeutet mir sehr viel da mein Konzept und meine Arbeit damit gewürdigt wird es freut mich sehr.
Theater Carnivore: Die Nominierung ist eine wichtige Anerkennung in einer schwierigen Zeit. Der Theaterbetrieb läuft immer noch nicht wie vor der Pandemie: Wichtige Spielorte sind weggebrochen und wir müssen uns teilweise neu orientieren. Die Anerkennung unserer Theaterarbeit hilft uns bei der Neupositionierung. Gleichzeitig bedeutet die Nominierung auch eine Anerkennung der Wanderbühne als Theatergenre. Wir haben uns bewusst für diese ursprüngliche Theaterform entschieden und arbeiten mit unseren Verbänden an einem Antrag der Wanderbühne als immaterielles UNESCO Weltkulturerbe. Die Wanderbühne ist die Urform des Theaters. In Europa ist sie heute eine Form des freien Theaters. In Teilen der Welt ist sie heute noch die verbreitetste Form des Theaters. Im europäischen Kontext ist die Wanderbühne die aufwendigste Form von Theater. Oft bauen wir für nur eine Vorstellung auf und ab. Wir haben uns dafür entschieden, weil der “Theaterunort” dem Theater eine dionysische Fremdartigkeit verleiht, die die ursprünglichste Art der Begegnung zwischen Theater und Publikum ermöglicht. Wir freuen uns, dass mit uns noch zwei weitere Theater aus dem Bundesverband Theater im Öffentlichen Raum nominiert sind: das Letzte Kleinod und Theater Titanick. Mit Theater Titanick sogar das Theater, was den Anstoß zur Gründung der BuTiÖR gegeben hat. Wanderbühnen sind also unter den Nominierten stark vertreten. Das Genre Wanderbühne erfährt in den Nominierungen eine besondere Anerkennung, die uns helfen wird, die Wahrnehmung einer bedrohten Kunstform zu stärken und den Interessen der Wanderbühnen zur Geltung zu verhelfen. Zudem ist die Nominierung durchaus hilfreich bei Genehmigungen, bei Anträgen, bei der Zulassung unserer Fahrzeuge als Schaustellerfahrzeuge und bei der Befreiung von der LKW-Maut (die Wanderbühne erfährt hier immer noch keine Gleichbehandlung mit Zirkussen und Jahrmarktsschaustellern). Die Anerkennung wird darüber hinaus helfen Behörden zu überzeugen, uns im öffentlichen Raum auftreten zu lassen.
Theater Titanick: Die Nominierung ist eine große Anerkennung für unsere künstlerische und kulturelle Arbeit. In den Zeiten der Pandemie hat die gesamte Kulturbranche gelitten – es tut gut zu merken, dass es Institutionen und Personen gibt, die den Wert anerkennen, der darin liegt, dass trotz der Begrenzung der sozialen Begegnungen Wege gefunden wurden, kreative und künstlerische Prozesse einzuleiten und dadurch Teilhabe zu ermöglichen. Die DTHG ist eine Organisation, die in Kulturkreisen eine hohe Anerkennung genießt und vielen Kolleg*innen geholfen hat, die Pandemie zu überleben. Theater Titanick hat mit der Förderung der DTHG sowohl viele Maßnahmen zur Publikumsführung, der Information über Beschilderung und der Hygienemaßnahmen verbessern können, als auch im kreativen Bereich mit neuer Videoausrüstung und Großleinwand innovative Darstellungsformen entwickelt.
Waldbühne Benneckenstein: Wir sehen dies als große Anerkennung der bisherigen Vereinsarbeit. Ohne extrem viele ehrenamtliche Stunden wäre das gesamte Projekt „Theater Natur“ in den vergangenen Jahren ebenso wenig umsetzbar gewesen, wie eben auch dieses Konkrete Projekt. Die Nominierung ist eine Ehre und Anerkennung für diese gemeinsame Anstrengung.
DTHG: Was ist die Geschichte hinter Ihrer nominierten Idee? Wie ist sie entstanden?
Das Letzte Kleinod: Wir haben vor zwanzig Jahren unser Theater auf die Schiene verlagert. Im Ozeanblauen Zug haben wir eine mobile Produktionsstätte für Theater im öffentlichen Raum eingerichtet, die auf Gleisen in Deutschland und den Nachbarländern eingesetzt wird. Die Neustartförderung ermöglichte uns die Anschaffung von zwei Elektroautos und einem Cargobike, die den 140 Meter langen Zug als Versorgungsfahrzeuge begleiten. Neben der kompletten Umstellung auf LED-Scheinwerfertechnologie, der Verwendung von Sturmbruchholz für Beheizung der Betriebsräume und dem Upcycling von Bühnenobjekten will das Theater damit einen ersten Schritt in den klimaneutralen Betrieb setzen.
Drehbühne Berlin: Die Drehbühne Berlin hat bereits seit ihrer ersten Inszenierung die Interaktion verschiedenster Mittel der Darstellenden Künste, insbesondere die Interaktion von Bühne und Leinwand, von Theater und Film, in den Mittelpunkt ihrer Arbeit gestellt und von Produktion zu Produktion kontinuierlich weiterentwicket. Diese Erfahrungen konnten wir nun – nicht zuletzt mit Hilfe der Unterstützung der durch die DTHG vergebenen Neustart Kultur Mittel – nutzen und weiter perfektionieren.
Erzähltheater Osnabrück: Innerhalb der ersten drei Tage des Lockdowns 2020 habe ich mit Hilfe meines Mannes Olaf Pieper aus einem reinen Präsenztheater eine digitale Erzählbühne durch das Format „Das Märchenfenster“ geschaffen. Ich habe in unserem Wohnzimmer Märchen mit Videotechnik eingespielt, bearbeitet und dann jeden Tag online ein anderes präsentiert. Am Anfang habe nur ich selbst die Videos erstellt, dann kamen andere Erzähler:innen, Freund:innen, ja sogar meine Eltern dazu. So konnten wir 365 Märchenfenster anbieten. Im Verlauf dieser Zeit, waren unter bestimmten Umständen Veranstaltungen möglich. Auch diese habe ich aufgenommen, bearbeitet und als Märchenfenster online gestellt. Aber ich wollte mehr Live-Gefühl im Märchenfenster integieren und begann über Live-Streaming von Veranstaltungen nachzudenken. Der Knackpunkt war, dass wir an verschiedenen Orten, indoor und outdoor, spielen, somit war es nicht immer möglich, auf WLAN vor Ort zurückzugreifen und auch die Kamera-, Ton- und Lichttechnik musste für ein Live-Stream überdacht werden, da eine Bearbeitung im Nachhinein nicht möglich ist. Dann erfuhr ich von der Fördermöglichkeit durch die DTHG. Ich habe Kontakt mit Elena Schulze aufgenommen und angefragt, ob ich überhaupt einen Antrag stellen kann und ob meine Projektidee, das Veranstaltungsangebot des Erzähltheaters hybrid zu gestalten für eine Förderung überhaupt in Frage kommt. Frau Schulze hat mich wunderbar unterstützt. Und ich habe den Antrag gestellt. Und dann kam die Bewilligung. Genauso wie bei der Nominierung musste ich zweimal lesen, bevor ich begriffen habe, was ich las. Und dann kam nur noch Jubel! Was für eine Chance. Und wir haben sie genutzt!
Felice & Cortes: Eigentlich sehr simpel.: Wir spielen seit ca. 5 Jahren unsere Outdoor Show „Selling Stories“ – erzählen Geschichten mit Hilfe von Musik & Artistik-
Wir haben diese Show seit 2020 während aller Lockdown-Perioden gespielt – vorwiegend in Hinterhöfen. Unsere Zuschauer waren von Fenstern und Balkonen aus dabei. Durch dieses besondere Konzertformat waren wir sehr nah am Gefühlsleben unserer kleinen und großen Zuschauer dran und haben gespürt (und oft gesagt bekommen), wie wertvoll diese Live- Momente für die Menschen & (Haus-) Gemeinschaft sind. Als wir dann nach über 100 Hinterhofkonzerten und unzähligen mehr Performances mit „Selling Stories“ beschlossen hatten, dass wir etwas NEUES machen möchten, eine neue Show, mit neuen Geschichten, Songs und Artistik Acts- war für uns klar, dass wir all diese Emotionen und Erfahrungen der Hinterhofkonzerte einfließen lassen würden. Wir beschlossen unsere neue Show „Bus-Stop-Stories“ nun zu bauen, die Acts zu choreografieren, die Musik dafür zu komponieren – schlicht eine neue Welt zu kreieren. Anschließend werden wir mit Bus-Stop-Stories auf LEBENTOUR gehen. Denn wir wollen gemeinsam das Leben feiern und dafür sind ausnahmslos alle willkommen. Gemeinsam erleben, eben! Das war unser größter Wunsch! Die Einschränkung, die wir alle durchlebten, haben uns nicht zum aufgeben bewegt, sondern zum Gegenteil: Wir lernten uns und unsere Kunst ganz neu kennen, und stellten fest, dass wir zum einen in der Lage sind, solche Extreme auszuhalten und zum Anderen die Fähigkeiten (Kreativität, Humor, künstlerische Umsetzungsideen) haben, die Menschen zu erreichen und mitzunehmen: Für ein paar Minuten – in eine Zauberwelt – und dies wird „Bus-Stop-Stories“ auch tun.
Improtheater Steife Brise: Die Heimat des Theaters Steife Brise ist das Improvisationstheater. Eine Spielform des Theaters, bei der viel mit dem Publikum interagiert wird. Diese Interaktion wollten wir unter allen Umständen aufrecht erhalten. Diese Unmittelbarkeit ist ein Unterscheidungskriterium zu anderen Medien, wie dem Fernsehen, Blogs und Videoplattformen. Meistens sehe ich dort etwas aus der „Konserve“. Doch wie erreichen wir eine Unmittelbarkeit, wenn wir uns der Mittel, wie bei den genannten Medien bedienen, ja, dass diese Mittel sogar notwendig dafür sind. Der Projektname „Fernbedienung“ entstand aus dem Gedanken, dass die zur Zeit gebräuchlichste Einflussmöglichkeit von Fernsehzuschauer:innen oder anderer Videoplattformen die Fernbedienung ist: Wenn mir etwas nicht gefällt, wechsele ich den Kanal bzw. das Video. Ich, als Konsument kann kaum dazu beitragen, dass es so wird, dass es mir gefällt. Und weiterhin habe ich als zuschauende Person keinen Einfluss darauf, was mir angeboten wird, außer ich mache es selbst. Aber gibt es auch einen Mittelweg, der für uns in Frage kommt? Eben diesen Weg zu finden, war die Motivation an diesem Konzept zu arbeiten.
Kulturwohnzimmer RheinBühne: Wir mussten, wie wohl alle im Kultursektor, umdenken und schauen, was geht in Zeiten von Corona? Wie kann man dennoch arbeiten, wo eigentlich kein Arbeiten mehr möglich ist? Das Angebot von Onlineübertragungen war der Weg. Somit hat man die Möglickeit unseren Kunden und Künstler*innen eine neue Art der Kommunikation der Kultur anzubieten.
Piano & Voice: Wir stehen als Piano and Voice seit 1996 erfolgreich auf der Bühne. Mit Beginn der Pandemie ist unser Einkommen weggebrochen. Als im Oktober 2020 immer noch keine Perspektiven in Sicht waren, kam uns die Idee selber eine mobile, unabhängige, coronakonforme Veranstaltungs-Lösung zu entwickeln. Es sollte kompakt, unkompliziert in der Anwendung und mobil sein, ähnlich einem Foodtruck. Daher kam uns die Idee eine mobile Bühne auf einem 3,5 T-Fahrgestell zu entwickeln. Nach vielen Gesprächen mit Fachleuten des Fahrzeugbaus wurde unser Konzept verfeinert und in die Tat umgesetzt.
spielmitte e.V.: Mit dem Projekt „Utopia 4.0“ betritt spielmitte Neuland. Und das gleich im doppelten Sinne. Die aktuelle Zeit soll genutzt werden, um mit den teilneh- menden Kindern und Jugendlichen spielerisch und technisch neue Wege zu gehen. Und zwar nicht als Übergangs- oder Notlösung, sondern getreu dem Motto „Alles, was wir live gut können, können wir auch im Netz gut!“ In diesem digitalen Planspiel dreht sich alles um die Gründung einer neuen, besseren Gesellschaft auf dem fernen Planeten Utopia. Die jungen Menschen werden bis Ende März eine unbewohnte Welt besiedeln, dort exotischen Ressourcen entdecken und sich Wohnstätten erdenken. Sie werden mithilfe selbst kreierter Rollen eine neuartige Mode erschaffen oder eine fremde Sprache entwickeln, politische Alternativen bestimmen und in den hippen utopischen Clubs in ihr selbst definiertes Nachtleben abtauchen können. Denn jetzt, wo praktisch alles auf der Erde stillsteht, zieht es viele nach Utopia. Dort kann mit den Mitteln der Fantasie und Selbstdarstellung alles erreicht werden. Vielleicht sogar die Rückkehr auf eine bessere Erde. Entstanden ist die Idee schon aus der Ernüchterung heraus, unsere Teilnehmenden während der Pandemie nicht mehr (ausreichend) zu erreichen und etwas entwickeln zu wollen, mit dem wir das ändern konnten. Außerdem war unser (interner) Ansatz, als Team daran wachsen zu wollen.
Theater aus dem Wäschekorb: Dieter Bohlen und ein kaputter Kinder Schuh und ganz viel liebe zum Beruf sowie Spielfreude sind der Ursprung des Theaters. 😀
Theater Carnivore: Die Anforderungen des Infektionsschutzes haben uns vor schwierige Aufgaben gestellt. Für „exzessives Sprechen“ wurde ein Abstand von sechs Metern gefordert. Unsere Bühne ist nur vier mal vier Meter groß. Das bedeutet, dass selbst die Diagonale mit 5,65 Metern nicht gereicht hätte, den Abstand einzuhalten. Wir haben traditionell immer unverstärktes Sprechtheater praktiziert – aus Prinzip. Das war stimmlich oft eine große Herausforderung. 2020 haben wir unsere aktuelle Produktion mitten in den Proben unterbrochen. Mehr als die Hälfte der Arbeit war schon getan. Es war klar, dass die Produktion so erst einmal nicht gezeigt werden kann. Wir haben entschieden, diese Produktion zu unterbrechen bis eine Fortführung des Konzeptes wieder möglich wäre und begannen mit der Arbeit an einem Beethoven-Solo, welches der Heidelberger Autor Marcus Imbsweiler geschrieben hatte und für unsere Schauspielerin Kerstin Kiefer nahezu auf den Leib geschneidert schien. Bei UNSTERBLICH, so der Stücktitel, handelt sich um einen Monolog Beethovens „Unsterblicher Geliebten“ und spielt in einem Wachsfigurenkabinett. Wir haben für das Wachsfigurenkabinett die Tänzerin Miriam Markl engagiert und unser Schauspieler Markus Schultz verkörperte einen Besucher des Kabinetts. Wir haben den Infektionsschutz in ein ästhetisches Konzept der Isolation übertragen. Das ergab gleichzeitig auch noch eine Parallele zum tauben Komponisten und spiegelte die soziale Isolation in der Pandemie. Die Perücke der Unsterblichen Geliebten war mit einer Plexiglasscheibe versehen und mit einem roten Vorhang, den sie wie den venezianischen Vorhang eines Opernhauses selbst hoch- und runterkurbeln konnte. Der „Besucher“ trug eine Art Halskragen-Trichter, wie es Hunde nach OPs verpasst bekommen, bestehend aus Plexiglas. Die Figur äußerte sich lebhaft. Aber außerhalb ihres Plexiglaseinschlusses hörten weder die anderen Figuren, noch die Zuschauer, was sie sagte. Der Autor hatte ja auch keinen Text für diese Figur geschrieben. Die Tänzerin war als Wachsfigur so eingepackt, dass Mund und Nase bedeckt waren. Für diese Produktion waren uns zum ersten Mal in der Geschichte dieser Wanderbühne keine Fördermittel zugänglich. Wir konnten sie über die Tournee refinanzieren. Gerade so. Zum ersten Mal haben wir ein Mikrofon benutzt. Mit dieser Produktion sind wir nah an die Grenzen unseres sehr bescheidenen Materials gekommen. 2021 war klar, dass wir die unterbrochene Produktion „Liebe oder Leben!“ von Ingeborg von Zadow unter Coronabedingungen umsetzen müssen. Die Coronapandemie war im zweiten Jahr. Die Jurys hatten sich auf Medleyformate festgelegt und wir hatten mit unseren Anträgen für abendfüllendes Sprechtheater kein Glück. Auch für die Uminszenierung konnten wir keine Mittel bekommen und ohne die Bewilligung pandemiebedingter Investitionen durch die Theatertechnische Gesellschaft weiß ich nicht, wie die Wanderbühne Theater Carnivore hätte überleben sollen. Klar war, dass wir die Vorteile der Wanderbühne und des Freilichtformates nutzen mussten. Schon bei „Unsterblich“ bedeutete das, dass die Bestuhlung für die Zuschauer mindestens vier Mal so viel Platz einnehmen musste. Für die Inszenierung musste eine Form gefunden werden, die über weitere Distanzen als bisher funktioniert. Die pandemiebedingten Investitionen umfassten also neben Desinfektionsaufstellern und einem mobilen Handwaschbecken für das Ensemble auch einen leistungsstarken Beamer und eine sehr starke Tonanlage mit Funkstrecken und Headsets. Vor allem aber wurde in einen aufklappbaren Anhänger investiert, in dem das Material transportiert werden und in dem ein Technikstand zur Ansteuerung sicher untergebracht werden konnte. So ausgestattet war es uns möglich ein Inszenierungskonzept für „Liebe oder Leben!“ zu entwickeln, das wie das von „Unsterblich“ 2020, die Anforderungen des Infektionsschutzes in ein ästhetisches Konzept übersetzte. Es gab eine stumme Rahmenhandlung: Die Bühne eines Wandertheaters in einer dystopisch überhöhten Seuchensituation ist wegen „Kronenpest“ geschlossen. Die Wanderschauspieler sind in ABC – Schutzanzüge eingepackt und räumen mit Greifern die Requisiten von der Bühne. Doch die “Junge Naive” berührt den Dolch aus Romeo und Julia. Und so infizieren sich alle mit der Kronenpest und können nicht anders, als ein Spiel um Liebe und Macht zu spielen. Alles in den Schutzanzügen. Mit verspiegeltem Plexiglas vor dem Gesicht.
Theater Titanick: Die Idee für das SpaceLab als ein Zentrum für experimentelles Theater im öffentlichen Raum ist bereits 2019 entstanden und hatte sich zum Ziel gesetzt, mit neuen Formen des Open Air Theaters zu experimentieren. Wir hatten in den vergangenen Jahren bereits Kontakt zu Akteur*innen des Neuen Zirkus in Deutschland und haben als eine der ersten Aktionen im SpaceLab mit dem Künstler ULIK kooperiert, der Zirkus und Maschinenroboter miteinander verbindet. Gemeinsam haben wir eine Residenz in Münster organisiert. Darüber hinaus planten wir bereits das neue Format, Projektionskunst mit Schauspiel zu verbinden und damit eine neu Open Air Inszenierung zu entwickeln. Wir betrachten das SpaceLab als ein Experimentierfeld – nicht nur für die Arbeitsweise des Theater Titanick, sondern auch in Kooperation mit dem Cactus-Jugendtheater und anderen freien Gruppen, die Open Air Veranstaltungen und Formate planen.
Während der Pandemiezeit war das SpaceLab Experimentierfläche für neue Formate. So wurde zum Beispiel das Format „Runde um den Block“ im SpaceLab erfunden und entwickelt. Dieses Format ermöglicht 15 Gruppen à 20 Personen jeweils 12 kulturelle Darbietungen an unterschiedlichen Stationen zu erleben. Alle 15 Minuten startet eine neue Gruppe, so dass die Nachvollziehbarkeit auch in Pandemiehochzeiten gewährleistet werden konnte und genug Raum für die jeweiligen kulturellen Acts geschaffen wurden. Dieses Konzept wurde im Herbst 2021 in Schwerte realisiert. Im Jahr 2020 mussten wir neben 20 nationalen und internationalen Projekten alle Feierlichkeiten für „30 Jahre Theater Titanick“ pandemiebedingt absagen. Dennoch heben wir zwei neue Produktionen im SpaceLab entwickelt: TRIP OVER – ein theatrales Roadmovie und UPSIDE DOWN – Die Weltsteht Kopf – mit einer 7m hohen Weltkugel, die sich in alle Richtungen drehen kann. Im Jahr 2021 ist es uns gelungen, mit der Förderung der DTHG 13 Veranstaltungen an fünf verschiedenen Orten in Münster und Leipzig unter dem Motto „Theater Titanick 30+1“ durchzuführen unter der Maßgabe von Abstand, Hygiene und Nachvollziehbarkeit. Insgesamt haben 6.200 Zuschauer*innen die Aufführungen erleben können.
Waldbühne Benneckenstein / Festival Theater Natur: Der logistische Aufwand, ohne größere Infrastruktur das Theater Natur Festival zu organisieren und durchzuführen, war in allen Jahren enorm. Im Grunde seit Anbeginn der Festivalreihe gab es immer wieder die Idee und den Wunsch, die Infrastruktur rund um die historische Waldbühne auf- und auszubauen. Mit den Mitteln eines Vereins war diese jedoch kaum möglich und Jahr für Jahr wurde in „Klein-Klein“ etwas zur Verbesserung und den Erhalt getan. Erst mit der Aussicht auf eine möglichen Förderung haben sich die Ideen konkretisiert und ein Entwurf von Hannes Hartmann, dem wir an dieser Stelle ausdrücklich danken, konnte alle überzeugen.
DTHG: Das Motto des Weltenbauer Awards 2022 lautet „Kreativität x Mut x Innovation“. Wovon brauchten Sie in den letzten zwei Jahren am meisten und warum?
Das Letzte Kleinod: Augen zu und durch, das war unser Motto in den letzten zwei Jahren. Pläne wurden aufgestellt und kurze Zeit später wieder variiert oder neu bedacht. Mit großer Flexibilität aller Mitwirkenden ist es aber dennoch gelungen, dass wir im vergangenen Jahr die größte Zuschauer:innenzahl der letzten Jahre erreicht haben. Kreativität und Mut waren dabei unsere wesentlichen Stützen.
Drehbühne Berlin: Letztlich waren alle drei Aspekte wichtig. Kreativität war mehr denn je gefragt, um sich an die neuen Gegebenheiten anzupassen und die eigene Kreativität, trotz aller Beschränkungen, dennoch ausleben zu können. Mut war immer wieder nötig – insbesondere wenn die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Pandemie, bzw. der damit verbundenen Einschränkungen, ein ums andere Mal in sich zusammen fiel.
Erzähltheater Osnabrück: Das ist schwer zu beantworten, weil es wohl eher eine Kombination aus allen drei Aspekten ist. Aber ich glaube am Anfang stand die Kreativität, der Wunsch einfach weiterzumachen, mit dem, was im Lockdown und in der Pandemiezeit möglich ist. Die Kreativität hat mich seit Gründung des Erzähltheaters Osnabrück 2008 in die Lage versetzt, Dinge zu tun, die ich noch nie getan habe. Und so war es auch jetzt. Ok, wenn das eine nicht mehr geht, was geht dann? Das war die Frage. Und ich wusste, wenn wir Kreativen aus der Kreativwirtschaft keine Ansätze finden würden, unsere Kreativität auch im Lockdown zu leben, wer bitte dann? Also habe ich einfach das gemacht, was ging: Videotechnik, selbst erzählende Märchenstühle und einen Märchenautomat erfinden und vieles mehr.
Felice & Cortes: Felice: Ich denke, für mich war es MUT. Wobei, das war wirklich nur am Anfang einmal schwer – aber dafür so richtig schwer. Wenn einem ständig abgesagt wird, wofür man 1. viel gearbeitet hat und 2. – und das ist viel schlimmer- wovon man auch geträumt hat – sich also Lebensträume erhoffte zu erfüllen, dann sind solche Rückschläge kaum auszuhalten. Weiterzumachen war im Frühjahr 2020 eine mutige Einscheidungen für mich. Es hat einfach zu weh getan, dass mir und uns auf einmal genommen wurde, wofür wir leben und was wir lieben. Die ANGST, dass so etwas wieder passiert war (und ist teilweise noch) groß. Doch ich sage immer: Am Ende jedes Tunnels steht ein neuer Song! Und so war es auch – in diesem Fall halte ich am Ende stolz mein erstes Solo-Album in den Händen.
Cortes: Es war klar, wir müssen umdenken – das war vermutlich die größte Herausforderung. Dies spricht eindeutig für die Innovation. Wir wollen weiter machen, darauf hatten wir uns geeinigt. Es entstanden viele neue Ideen und ich bin froh, dass wir uns für die Idee der Hinterhofkonzerte entschieden haben. „Wir können auf Vieles verzichten, aber nicht auf den Augenkontakt zu unserem Publikum!“- das war uns schnell klar, nachdem wir einmal ein Streaming-Konzert ausprobiert hatten. Von da an war unser Motto für 2 Jahre lang: „Wenn ihr nicht zu uns kommen könnt, dann kommen wir eben zu euch!“ Ich habe das Loch was durch die Absagen entstand, versucht positiv zu sehen. Ich empfand es als angenehm, dass Platz und Zeit frei wurde für Neues und kreative Prozesse, die auch mal etwas länger dauern. Ich habe u.a. meine Video-Reihe „Greatest Songs on Drums while Juggling“ gestartet. – Wer weiß, wann ich mir sonst dafür Zeit genommen hätte?
Improtheater Steife Brise: Kreativität und Innovation sind zwei feste Bestandteile der schöpferischen Arbeit im Bereich des Theaters und von Veranstaltungen. Mut dagegen ist für uns eine Komponente gewesen, die eine kleiner Rolle gespielt hat. In den letzten zwei Jahren brauchten wir sehr viel Mut ebendiesen nicht zu verlieren, Mut, die Zuversicht zu behalten und am Ball zu bleiben und nicht das vermeintlich sinkende Schiff zu verlassen, sondern daran zu arbeiten, dieses Schiff wieder brauch und nutzbar zu machen. Dieser Umstand hat uns am meisten abverlangt, denn nicht alle aus unserer Theatergruppe sind an Bord geblieben.
Kulturwohnzimmer RheinBühne: Auf jeden Fall stand am Anfang der Mut! Er war allem vorgeordnet. Wir standen beim ersten Lockdown vor einer völllig unübersichtlichen und unkalkulierbaren Situation. Und haben uns ganz klar entschieden: „Egal was passiert, wir machen weiter, wir geben NICHT auf!“ Und dieser Mut, diese Entscheidung, hat unserere Kreativität und Innovationsdenken aktiviert.
Piano & Voice: Von Allem – jede Menge! Kreativität: Nicht nur für die Idee, sondern auch um Möglichkeiten zu finden, sie zu verwirklichen. Mut: Um ein knappes Jahr in das Lala-Projekt zu investieren ohne nennenswerte Einnahmen während dieser Zeit. Das Lala Mobil wäre ohne Hoffnung und Herzblut nicht möglich gewesen. Innovation: Um eine komplett neue Art einer Kleinkunstbühne zu erschaffen. Coronakonform für Musiker, Autoren, Schauspieler und Comedians und einfach in der Handhabung.
spielmitte e.V.: Von allem etwas: Kreativität, um Ideen zu entwickeln, die während der Pandemie (und vielleicht datüber hinaus) funktionier(t)en. Mut, um die schwierige Zeit zu überstehen und nicht die Hoffnung auf eine Verbesserung zu verlieren. Innovation, weil ohne sie all die neuen Ideen nicht umsetzbar gewesen wären.
Theater aus dem Wäschekorb: Mut, auch nach der schweren Zeit an sich zu glauben und an das, was man tut. Kreativität, aus der Situation das beste zu machen, um sicher spielen zu können. Innovation, jeden Ort spielbar zu machen, zum Beispiel mit einer Schulklasse in ihren Keller zu gehen und beim Laufen schon zu spielen verändert die ganze Dynamik und macht sehr viel Spaß. Dass ich im Oktober 2020 die Chance erhalten habe, mitzumachen, werde ich nie vergessen.
Theater Carnivore: Mut ist sicher von allem das, was am dringendsten nötig war. Finanziell waren die zwei Jahre Corona eine Katastrophe. Für „Liebe oder Leben!“ habe ich zusätzlich einen Komponisten und einen weiteren Schauspieler beschäftigt. Ich wollte, dass dieses Konzept so schön wie nur möglich umgesetzt wird. Ich wollte nach all der Zeit ein Theaterfest ohne Kompromisse. Und ich war mir nicht sicher, ob es nicht vielleicht die letzte Produktion der Wanderbühne sein würde.
Theater Titanick: Diese drei Fähigkeiten mussten vor allem in den letzten zwei Jahren bedingungslos ineinandergreifen, um neue Formate denken zu können. Ich persönlich würde sagen, dass es viel Mut erforderte, mit den neuen Herausforderungen umzugehen und diese anzunehmen, denn die ökonomische Unsicherheit war schlichtweg riesengroß. Als der erste Schock überwunden war und wir dabei zusehen mussten, wie uns 20 Projekte zwischen Mai und Oktober 2020 abgesagt wurden, haben wir uns im Ensemble zusammengesetzt und beschlossen, dass die Titanick nicht sinken darf. Es brauchte viel Mut und Durchhaltevermögen, in dieser unsicheren Situation kreativ zu denken und innovative neue Formate zu entwickeln. Theater Titanick hat sich auch viel intensiver mit Künstler*innen anderer Ensembles ausgetauscht, um gemeinsam Strategien zu entwickeln, mit denen die Krise überwunden werden kann. Dabei haben die Fördermaßnahmen auf lokaler, regionaler und Bundesebene sehr geholfen – so auch die Hilfe durch die DTHG.
Waldbühne Benneckenstein / Festival Theater Natur: Letztlich brauchte es von allem eine große Portion. Mit ständig geänderten Vorgaben umzugehen erfordert ein ums andere Mal viel Kreativität, Innovation war bei der Umsetzung etlicher Pandemie bedingter Maßnahmen notwendig. Am meisten bedurfte es jedoch des Mutes, an der Durchführung, die jedes mal bis kurz vorher auf der Kippe stand, fest zu halten. Eine Absage kurz vorher hätte vermutlich das vollständige Aus bedeutet.
DTHG: Inwiefern hat Ihnen die NEUSTART KULTUR/LIVEKULTUR-Förderung während der Pandemie geholfen oder hilft Ihnen noch jetzt?
Das Letzte Kleinod: Ohne die Förderung durch Neustart hätte wir die Pandemie nicht meistern können. Besonders auch die Ausfallbürgschaften der BKM gegen Corona-Einbußen haben wesentlich zur Sicherung unseres Betriebes beigetragen. Jetzt ist nur die Frage, wie es nach der Pandemie weitergeht und sich die Förderlandschaft entwickeln wird. Kommt danach das große Loch?
Drehbühne Berlin: Ohne die NEUSTART KULTUR/LIVEKULTUR-Förderung wären unsere Live-Theater-Veranstaltungen nicht realisierbar gewesen. Gerade für die Vielzahl von freien Künstlerinnen und Künstlern, die an den Produktionen beteiligt sind und in den letzten 3 Jahren oftmals am Ende der Förderkette standen, bzw. ganz leer ausgingen, war und ist die Förderung eine imens große Hilfe.
Erzähltheater Osnabrück: Erstmal hat sie mir neben der Bestätigung und der Wertschätzung die Möglichkeit gegeben, meine Planungen in die Tat umzusetzen. Nie hätte ich 2008 bei Gründung meines Theaters gedacht, dass ich im Dezember 2020 eine reine digitale Kinderveranstaltung durchführe. Die Förderung gibt, und das gilt auch noch heute, mir vor allem den finanziellen Spielraum, die digitalen und hybriden Formen auszuprobieren und zu installieren. Ich konnte und kann meinen Künstler:innen Gagen zahlen. Ein Luxus, der für uns Künstler:innen in den Pandemiezeiten, lebenswichtig ist und war. Und ich konnte von Anfang an für unser kleines Theater eine recht professionelle Ausstattung einplanen und bedienen lernen. Das ist nachhaltig. Mittlerweile schulen wir alle Mitarbeiter:innen, damit diese in die Lage versetzt werden, die Technik des Streamens, alleine zu steuern.
Felice & Cortes: Das Vertrauen in uns und unsere Idee, unsere Visionen und unsere Art und Weise, Musik, Show & Artistik zu machen, hat uns beflügelt und bestärkt. Wir können nicht oft genug „DANKE“ sagen!!!! Und jeder der schonmal wirklich in finanzieller Not war, weiß wie sich das anfühlt – uns weiß auch wie schön es ist, wenn diese Not sich verkleinert. No more words need. 🙂
Improtheater Steife Brise: Die NEUSTART KULTUR- Förderung hat uns dabei geholfen, unsere hardware zu modernisieren. Unser Equipment war zu alt und nicht leistungsfähig genug, um Aufnahmen zu verarbeiten und zu streamen. Auch unsere alten Kameras verfügten nicht über die notwendige Auflösung. Durch die NEUSTART KULTUR-Förderung konnten wir leistungsfähige Rechner, Kameras,Licht und schalldämmende Vorhänge beschaffen und damit unser digitales „Studio“ einrichten. Zudem konnten wir mit dem Geld eine Camera-Acting-Fortbildung für unseren Schauspieler:innen finanzieren. Diese Fortbildung kommt unseren Schauspieler:innen auch weiterhin zu Gute, da sie ihre Skills verbessern konnten. Auch das neu angeschaffte Equipment unterstützt uns bei unserer Arbeit mit digitalen und hybriden Veranstaltungen.
Kulturwohnzimmer RheinBühne: Die Förderung hat unendlich geholfen! Wir konnten mithilfe von NEUSTART KULTUR unsere RheinBühne digitalisieren und so ein Angebot für KünstlerInnen und ZuschauerInnen schaffen, welches sich ein bisschen befreit von äußeren Umständen wie Pandemie und (aus Sicht der ZuschauerInnen) Krankheiten oder anderen Gründen, nicht live bei einer Veranstaltung sein zu können.
Piano & Voice: Ohne die NEUSTART KULTUR/LIVEKULTUR-Förderung wäre das ganze Projekt nicht umsetzbar gewesen. Die Förderung hat uns Kraft und Mut gegeben, die Pandemiezeit zu überstehen. Das Lala Mobil hat im Sommer 2021 schon etwas Geld eingespielt – für uns und unser Musiker-Netzwerk. In diesem Jahr warten viele Veranstaltungen auf uns und wir blicken hoffnungsvoll in die Zukunft.
spielmitte e.V.: In erster Linie hat uns die Förderung in Technik (Endgeräte, Video-, Licht-, Tontechnik etc.) geholfen, das hier nominierte Projekt und andere überhaupt Vorhaben umzusetzen. Ohne die Förderung wäre das nicht möglich gewesen. Und es hat für uns einen Quantensprung in der Entwicklung digitaler Formate bzw. in der digitalen Abbildung unserer (analogen) Arbeit gesorgt. Die Technik reichert auch weiterhin die künstlerischen Produktionen an und macht Dinge möglich, die vorher nicht möglich waren.
Theater aus dem Wäschekorb: In der dunkelsten Zeit kam durch die Programme Neustart Kultur und Live Kultur wirtschaftlich wie emotional ein Licht. Es hat mir sehr geholfen und tut es nach wie vor so gut, dass jemand an einen glaubt und man unterstützt wird bei jeder Frage. Der Austausch mit der DTHG und die Anerkennung sind so hilfreich, dass ich es nicht mit Worten ausdrücken kann. Ich danke der DTHG von Herzen, ohne die Förderungen wäre es sehr schwer bis unmöglich, an 2019 anzuknüpfen. Auch, dass Herr Eckhart und Frau Diez Valcuende so viel Geduld mit mir haben, ist wundervoll.
Theater Carnivore: Wie wir ohne diese Förderung durch die Pandemie hätten kommen sollen, kann ich nicht sagen. Die pandemiebedingten Investitionen haben uns den Spielbetrieb ermöglicht. Aus den neuen Möglichkeiten sind neue Formate entstanden. So spielen wir jetzt aus dem aufklappbaren Anhänger heraus ein Buden- Glühweintheater und verlängern unseren Spielbetrieb in den Winter hinein. Dies ermöglicht uns auch nach der Pandemie nachhaltig einen deutlich besseren Stand und ästhetisch die Entwicklung eines Jahrmarkttheaters.
Theater Titanick: Die Förderung hat uns geholfen, das SpaceLab Zentrum in Münster so auszustatten, dass die Pandemiebedingten Veränderungen erfolgen konnten wir eine kotrollierte Publikumsführung in Einlass-Situationen und Hygienemaßnahmen in den sanitären Räumen schaffen konnten. Darüber hinaus haben wir die Kamera-Ausrüstung und die Leinwand mehrfach eingesetzt, sowohl in den kreativen Prozessen der Entwicklung von Projektionskunst und Schauspiel, als auch in Workshops, in denen wir jungen Künstler*innen das „green screen“ Verfahren nähergebracht und damit experimentiert haben. Ohne diese Hilfsmaßnahmen hätten wir nicht die neuen technisch aufwändigen Inszenierungen realisieren können – vor allem TRIP OVER, in der Schauspiel mit Projektionskunst verbunden wird. Alle Unterstützung werden auch in Zukunft eine Rolle spielen und im Rahmen der experimentellen Arbeit und in den öffentlichen Inszenierungen eingesetzt werden.
Waldbühne Benneckenstein / Festival Theater Natur: Ohne diese Förderung wäre die Umsetzung unseres Projektes nicht möglich gewesen. Es ist eine große Hilfe, dass wir nun auf die geschaffenen Werte aufbauen können, was die zukünftige Gestaltung von Veranstaltungen auf der Waldbühne extrem vereinfacht. Dadurch, dass uns diese Mittel auch geholfen haben während der Pandemie spielen zu können, blicken wir auf einen lückenlosen Verlauf, der sich natürlich auch bezüglich der Wahrnehmung des Festivals überaus positiv bemerkbar macht.
DTHG: Was haben Sie aus der Pandemie gelernt, was nehmen Sie an neuen Erkenntnissen mit?
Das Letzte Kleinod: Unser Theater arbeitet site-specific und sowieso sehr oft unter freiem Himmel. Unsere Theaterarchitektur wird für jedes Projekt neu entwickelt und konnte sich gut an die Hygienekonzepte anpassen. Wir haben während der Pandemie ein neues Format entwickelt, bei dem die Besucher:innen die Vorstellung in sieben Eisenbahnwaggons hautnah erleben können. In einer Vorstellungsrunde gehen sieben Gruppen á 15 Personen von Waggon zu Waggon, um nacheinander alle Szenen zu sehen. Die Vorstellung kann zweimal am Tag gespielt werden und geht auf dem Schienenwege zu anderen Bahnhöfen.
Drehbühne Berlin: Sicherlich sind wir durch die Erfahrungen der letzten 3 Jahre sehr viel krisenfester geworden. Man hat gelernt, dass kreativ-künstlerische Arbeit sich durchsetzt und Krisen überstehen kann, auch wenn sie von Politik und Gesellschaft nicht immer als Erstes gesehen und honoriert wird.
Erzähltheater Osnabrück: Hoffnung haben, das habe ich wieder einmal gelernt. Und das Märchen wahr werden. Die Pandemie hat uns vieles abverlangt, jedem einzelnen, egal in welchem Zusammenhang auch immer er oder sie beruflich tätig ist. Sicherlich hat die Kreativwirtschaft ausgesprochen stark gelitten, weil wir die Letzten waren, die wieder an das gesellschaftliche „Netz“ angeschlossen wurden. Aber ich habe wieder einmal in meinem Leben gelernt, dass das Märchen gut enden wird und wenn es noch nicht gut ist, dann ist es auch noch nicht zu Ende. Sicherlich habe ich auch viel technisches Wissen erlernt, umgesetzt und bin heute dazu in der Lage, dieses Wissen mit anderen zu teilen und weiter zu geben. Aber das ist nicht das Wichtigste. Viel wichtiger ist das, was zwischen den Zeilen steht: Hoffnung, Vertrauen und letztendlich ein geschärftes Bewusstsein dafür, dass wir Menschen einander brauchen. Mir standen in diesen Zeiten viele Menschen zur Seite: Familie, Freund:innen, Mitarbeiter:innen, Kolleg:innen, Publikum und nicht zuletzt Förder:innen wie die DTHG. Der richtige Zeitpunkt, um all denen zu danken, die mich und das Erzähltheater in diesen Zeiten ein Stück getragen haben.
Felice & Cortes: Wie wichtig es ist, dass alle Menschen untrennbar miteinander verbunden sind. Und, dass wir zusammenhalten müssen – uns gegenseitig respektieren müssen, da wir sonst das wichtigste verlieren – die Menschen, mit denen wir schöne Erlebnisse teilen wollen. WE ARE ONE! Einer unserer Songs, den wir bspw. als Musikvideo Anfang diesen Jahres veröffentlicht haben. Und wie unser Sohn immer sagt: LIEBE! Liebe und Dankbarkeit sind essenziell!
Improtheater Steife Brise: Als Theater mit den Wurzeln im Improvisationstheater wurden unsere Arbeits-Grundsätze a) neue Situationen annehmen („Ja, genau und…“), b) lass deinen Plan los (Sei im Moment“) und c) Fehlertoleranz („Mut zum Risiko“) einer harten Probe unterzogen. Und es ist gut festzustellen, dass sich diese Grundsätze auch bewährt haben.
Kulturwohnzimmer RheinBühne: Dass man niemals aufgeben darf!
Piano & Voice: Nichts ist sicher! Man sollte allen Herausforderungen mit Mut und Kreativität begegnen.
spielmitte e.V.: Projektförderungen sind großartig – aber erst eine Investition in Struktur hilft zu entwickeln, zu wachsen und zu verstetigen.
Theater aus dem Wäschekorb:Dass sich von Heute auf Morgen alles ändern kann. Wichtig ist, nie den Mut zu verlieren.
Theater Carnivore: Wir sind ein sehr spezielles Theater mit einer sehr eigenen Funktionsweise. In der Pandemie gab es viele Themen bei denen es wichtig war gehört zu werden. In dem Zusammenhang möchte ich vor allem unseren Landesverband Freier Tanz- und Theaterschaffender Baden-Württemberg erwähnen und insbesondere Alexander Opitz, der wie ein Löwe für uns gekämpft hat und der immer ein offenes Ohr für uns hatte. Sein Tod hinterlässt eine schreckliche Lücke und wir trauern sehr. In der Pandemie haben wir gelernt, wie wichtig es ist eine Interessenvertretung zu haben. Wir engagieren uns verstärkt in unseren Verbänden, wie dem CITI, dem BuTiÖR und dem LaFT. Seit der Pandemie sind wir auch Mitglied im Verband der Selbstständigen und Gründer und im Schaustellerverband Baden-Württemberg, um über den Kontext als Kunstschaffende hinaus auch vertreten zu sein. Bei aller Existenzangst war es ein schönes Demokratieerlebnis, dass unsere Nöte gehört wurden. Ein besonderer Dank gilt hier dem Land Baden-Württemberg für die Künstlerstipendien. In dieser Zeit ist ein Netz von Partnertheatern (Twinn Theatres, Théâtres Jumelés) entstanden, nach Vorbild der Städtepartnerschaften. Wir haben jetzt Partnertheater in Indien, Malawi, Griechenland und Frankreich.
Theater Titanick: Theater Titanick arbeitet seit über 30 Jahren im öffentlichen Raum. Jeder Aufführungsort benötigt seine eigenen speziellen Bedingungen – sowohl für die Aufführungen, als auch für die Zuschauer*innen. Seit der Pandemie denken wir viel intensiver darüber nach, wie das Publikum die Aufführungen im öffentlichen Raum genießen kann. Da die Bedingungen nicht so vorhersehbar sind wie in den Theatergebäuden, braucht es gute Vorinformationen. Diese sind enorm wichtig, denn die Zuschauer*innen wollen viel genauer wissen, wie das Ereignis abläuft.
Waldbühne Benneckenstein / Festival Theater Natur: Zuverlässige Partner, Mut, Zuversicht und eine gute Planung, die verschiedene Eventualitäten berücksichtigt, ermöglichen Dinge, die wir vorher nicht für möglich gehalten hätten. Mit einem starken Team aus engagierten Mitgliedern einem kompetenten Vorstand und hoch motivierten Künstlern sind auch schwierige Situationen zu meistern, am wichtigsten dabei ist eine offene, ehrliche und wertschätzende Kommunikation und Zusammenarbeit. Gerade all dies gemeinsam zu erleben, hat alle die „an Bord“ geblieben sind stark zusammen geschweißt, so dass wir noch zuversichtlicher auf eine erfolgreiche Zukunft blicken können.
DTHG: Inwiefern hat sich Ihr Arbeitsalltag verändert? Wie werden sich Veranstaltungen in Zukunft verändern? Welche Aspekte im Bereich Veranstaltungsorganisation werden aus Ihrer Sicht in Zukunft große Relevanz haben?
Das Letzte Kleinod: Während der Pandemie haben wir auf größere Zuschauer:innentribünen komplett verzichtet. Wir erwarten auch für die Zukunft, dass wir mit kleineren Formaten arbeiten werden. Die logistischen Möglichkeiten des Eisenbahnbetriebes erlauben es uns trotzdem, die Projekte vielen Menschen an den unterschiedlichsten Orten zugänglich machen zu können. Vorausgesetzt, es gibt einen Bahnanschluss.
Drehbühne Berlin: Der administrative Teil der Arbeit hat sich im Vergleich zum künstlerisch-kreativen Teil extrem vergrößert. Durch die starke Abhängigkeit von Subventionen ist der bürokratische Aufwand sehr viel größer geworden, der wirtschaftliche Druck dagegen – zumindest temporär – geringer. Es ist zu hoffen, dass die Menschen in gleich großer Zahl wieder ins Theater, Kino und in Konzerte zurückfinden, wie vor der Pandemie. Einige bisher eher analog gelöste Bereiche bei der Veranstaltungsorganisation haben sich sicherlich mehr hin zum Digitalen entwickelt und sind damit stellenweise evtl. effizienter geworden. Dabei muss man jedoch – wie in allen Bereichen des täglichen Lebens – immer auch die Menschen im Blick haben, die von der Vielzahl von digitalen Lösungen überfordert sind, oder daran gar nicht teilhaben können. Das wird unserer Meinung nach sehr oft vergessen. Und… Theater ist und bleibt ein analoges Medium, egal ob auf der Bühne z.T. auch digitale Mittel zum Einsatz kommen und die Bühnen-Möglichkeiten erweitern. Theater lebt von der körperlichen und emotionalen Berührung, vom Atem der Zuschauerinnen und Zuschauer, vom Adrenalin der Darstellerinnen und Darsteller, während jeder einzelnen Vorstellung. Theater ist wie ein Junkie, der von der Energie des Publikums im Zuschauerraum abhängig ist. Ohne diese Droge funktioniert es nicht! Darum war und ist die NEUSTART KULTUR/LIVEKULTUR-Förderung der DTHG so imens wichtig – für uns, wie sicherlich für alle anderen Geförderten.
Erzähltheater Osnabrück: Ich habe schon immer viel gearbeitet, aber in den letzten zwei Jahren waren Nachtschichten nicht mehr die Ausnahme. Ich habe viele, sehr viele Stunden investiert, mal voller Freude, mal voller Müdigkeit. Jetzt komme ich gerade wieder bei einem „normalen“ Level an und das tut gut. Neben der rein quantativen Veränderung meiner Arbeitszeit, haben sich natürlich auch die Inhalte verändert. Ich denke jetzt noch weiter, weil ich Blickperspektiven verändert habe und „Heilige Kühe“ geschlachtet habe, in dem für mich nun gilt: Erzählen kann in jedem Medium, in jeder Form, analog, digital, hybrid angeboten werden. Ich bin mir nicht sicher, ob wir in Zukunft viel mehr digitale Veranstaltungsformen sehen werden, weil wir alle mit Sicherheit auch gelernt haben, wie wichtig, das Miteinander ist. Aber ich sehe schon in der Zukunft die Wichtigkeit hybrider Veranstaltungsformen, vor allem in der kulturellen Bildungslandschaft. Und ich sehe viele komplette neue Formen, die ohne die Digitalität nicht möglich wären. Wir hatten z.B. einen Benefizabend für die Ukrainie über Zoom gestaltet, bei denen fünf Erzählerinnen aus ganz Deutschland ohne Gage erzählt haben. Das war möglich, weil wir außer unserer Zeit nichts mehr investieren mussten, keine Fahrtzeit oder Fahrtkosten. Mit Sicherheit hätte dieser Abend rein in Präsenz so nicht stattgefunden. Wie einfach ist es, Menschen aus Berlin mit Menschen aus München zu verbinden oder Menschen aus Hannover mit Menschen aus Köln, Menschen aus Dresden mit Menschen aus Frankfurt. Das ist einfach märchenhaft.
Felice & Cortes: Für uns ist eigentlich alles wieder beim alten. Vermutlich, da wir vor allem outdoor Veranstaltungen spielen. Wenn wir unsere Indoor Theatershow „Little Giftshop“ spielen und spielten, haben wir festgestellt, dass weniger Menschen Tickets kauften als zuvor und, dass man mit Werbung weniger Resonanz erreicht, aber wir sind sehr sehr seeeehr optimitsich, dass LIVE- Erlebnisse noch immer außer Konkurrenz stehen zur Couch und zu Netflix und Co. DAFÜR WERDEN WIR AUF JEDEN FALL SORGEN.
Improtheater Steife Brise: Wir arbeiten digitaler. Ob interne oder externe Besprechungen, viele dieser Treffen sind in den digitalen Raum verschoben worden. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass digitale und hybride Veranstaltungen funktionieren können, wenn die „Gesetze“ des jeweiligen Mediums beachtet werden. Meiner Meinung nach werden sich Veranstaltungen in der Zukunft weiter digitalisieren: Veranstaltungsräume, Theater, Meeting-Plattformen werden zu „Holodecks“, in denen wir uns mit Avataren bewegen. Das Internet wird zu einem „Raum“, dreidimensional und begehbar. Für Veranstaltungen, die weiterhin auf körperliche Anwesenheit bauen, ist es relevant Anreize zu schaffen, die den „Aufwand“ für den bereitwilligen Zuschauenden rechtfertigen.
Kulturwohnzimmer RheinBühne: Es hat sich am Ablauf und an der Veranstaltungsorganisation nicht so viel geändert. Ob die Veranstaltungen künftig wie vor Corona eher Präsenz oder als Hybridveranstaltungen stattfinden, also je nach Geschmack und persönlicher Situation eher in Präsenz oder online, wird sich zeigen. Ein Aspket in der Veranstaltungsorganisation hat bereits jetzt eine große Relevanz: Die ZuschauerInnen planen die Ticketskäufe nicht mehr teilweise weit im Voraus, sondern sie entscheiden sich spontan und auf „den letzten Drücker“. Dies macht die Kalkulation sehr schwer. Aber wir können das Kaufverhalten kaum ändern. Wir können unseren Gästen nur durch beste Bedingungen Zuversicht geben, ihnen das ungute Gefühl bei Indoor-Veranstaltungen nehmen.
Piano & Voice: Unser Arbeitsalltag hat sich komplett verändert. Durch das Lala Mobil haben wir für uns ein komplett neues Geschäftsfeld eröffnet. Unser Künstler-Netzwerk wächst stetig und unsere Sichtbarkeit ist durch das Lala Mobil extrem gestiegen. Der Hauptanteil unserer Arbeit besteht nun aus der Vermarktung der Bühne und dem Einbinden vieler verschiedener Künstler. Den Großteil der Veranstaltungen in der Zukunft sehen wir in kleinem, gemütlichem Rahmen mit mehreren darstellenden Künstlern verschiedener Genres. Im Bereich Veranstaltungsorganisation: Das Publikum wünscht kleinere und flexiblere Veranstaltungen. Im Bereich Großveranstaltungen gibt es jetzt schon einen elementaren Personalmangel. Sicherheits- und Hygienemaßnahmen werden ebenfalls einen größeren Stellenwert einnehmen. Mit dem Lala Mobil bringen wir die Veranstaltung zu den Leuten, somit werden Anfahrtswege minimiert, besonders im ländlichen Raum. Abschließend können wir für uns sagen, das mit dem Lala Mobil eine zukunftsfähige Bühne für Kunst und Musik geschaffen wurde.
spielmitte e.V.: keine Angaben erhalten
Theater aus dem Wäschekorb: Es ist schwerer, Auftritte zu bekommen und man muss sich sehr konzentrieren, um alle Widrigkeiten zu bedenken. Verträge aufsetzen, Vorrausgage, Anzahlung, Verbindlichkeitspauschalen erbitten… Obwohl die Kinder sich sehr freuen, sind Einrichtungen sehr vorsichtig und zurückhaltend mit Buchungen. Das iritiert mich oft sehr.
Theater Carnivore: Wir stehen vor einem weitgehenden Neuanfang. Das Publikum ist schwer einzuschätzen. Was bedeuten heute die Vorverkaufszahlen? Die stärkere Vernetzung trägt Früchte. Wir werden wahrscheinlich mehr Kooperationen eingehen. Unser großer Wunsch ist es, auf gesellschaftliche Entwicklungen flexibel reagieren zu können.
Theater Titanick: Gut einsehbare und nachvollziehbare Informationen über den Ablauf der Veranstaltungen sind enorm wichtig. Gerade im Open Air Bereich ist es immanent, dass sich die Bedingungen für Bühnen und Zuschauer*innen an den jeweiligen Ort anpassen. Die Zuschauer*innen wollen viel genauer wissen, wie das Ereignis abläuft.
Waldbühne Benneckenstein / Festival Theater Natur: Wir erleben, dass der Wunsch und die Sehnsucht nach gemeinsamen Erlebnissen und Nähe ganz enorm ist und Veranstaltungen nach zwei Jahren Verzicht stark an Bedeutung gewonnen haben. Gleichzeitig spüren wir eine weiterhin bestehende Unsicherheit, was sich zum einen an den Erwartungen an eine professionelle Organisation, die auch individuelle Wünsche bzgl. Nähe – Distanz zulässt zeigt. Zum Anderen ist die Entscheidung zur Teilnahme an Veranstaltungen sehr kurzfristig geworden, längerfristige, verbindliche Zusagen/Kartenverkäufe sind deutlich zurück gegangen.
Allen Interviewpartnerinnen und -partnern ein ganz herzliches Dankeschön für die Antworten.
Mehr Infos: 61. Bühnentechnische Tagung 2022 | WELTENBAUER AWARD
Interviews und Beitragstext: Elisa Cominato (DTHG, Kommunikation & Öffentlichkeitsarbeit)
Grafik: Christof Jakob Heinz (DTHG, Design)